Als ich meinen letzten Blogpost veröffentlicht hatte, kommentierte ein lieber Bekannter auf Twitter. Er habe sich nicht drauf einlassen können, der Text helfe ihm nicht, von all dem Irrsinn, der gerade auf der Welt stattfindet, abzuschalten.

Ich dachte darüber nach, nicht zum ersten Mal. Ob das eigentlich geht, locker-leichte Berichte über irgendwelche Radtouren zu verfassen, während die Menschheit ganz andere, vorzugsweise selbstgemachte Probleme hat. Es geht mir ja selbst so, da bin ich einige Stunden lang ins Texten vertieft, drücke endlich den „Veröffentlichen“-Button, und als nächstes erfahre ich aus dem Radio, dass gerade Menschen, die sie nicht mehr alle beisammen haben, das Kapitol stürmen. Wie seicht darf Bloggen heutzutage noch sein.

Andererseits habe ich das hier nie als Ort begriffen, um echte Probleme zu wälzen. (Abgesehen davon, dass Leute, die Radfahren nicht als wichtigstes Element in ihrem Leben betrachten, natürlich ein echtes Problem haben, aber das ist eine andere Diskussion.) Ich brauche für mich diesen Platz, an dem das Wichtigste ist, wie viele Höhenmeter noch kommen, und wie viele Gummibärchen. Fluchtpunkt „in Radtouren schwelgen“. Und deswegen werde ich hier wohl weiterhin gelegentlich ein paar Notizen machen, wenn ich Lust dazu habe.

Apropos. Was passiert denn nun in diesem Jahr?

Vor ein paar Wochen kam mir mein Bericht zur MSR unter, die ich in 2015 gefahren bin. Mir fiel meine unendliche Aufregung vor diesen bestens ausgeschilderten 300 Kilometern mit sieben Verpflegungsstellen ein, und ich habe mich geschämt, weil ich inzwischen vergleichsweise gelangweilt über Nacht ans Meer fahre, um mir den Sonnenaufgang anzusehen. Etwas hat sich verschoben, und ich bin mir nicht sicher, wie ich das finde.

(Auch letztere Fahrt war im Übrigen schmerzhaft. Das lag aber eher daran, dass ich beim Austreten nachts um halb zwei mit der Stirnlampe hektisch nach oben geleuchtet habe, um Bäume zu identifizieren – der Eichenprozessionsspinner! –  statt auch mal nach unten, wo sich tückisch die Brennnesseln duckten.)  

Jedenfalls muss etwas anders werden. Ich weiß nur noch nicht was genau.

Bis dahin habe ich ein paar Sachen in Arbeit, im oder neben dem Sattel. Auch wenn derzeit vieles in den Sternen steht. Aber ich brauche etwas, worauf ich mich freuen kann, und damit ich weiter am Teufelsberg meine Schleifen ziehe.

Also habe ich mich, erstens, mit einer Twitter-Bekanntschaft zum Maurice Brocco 400 verabredet. Ann-Kathrin schrieb Anfang des Jahres, sie würde es gern versuchen, habe aber niemanden als Begleitung. Corona treibt selbst mich noch in die Arme von Menschen. Ich bin sehr gespannt! Erst mal müssen aber wir Startplätze bekommen. Drückt uns die Daumen.

Zweitens, Gunnar Fehlau hat mich für den Gedanken erwärmt, dass ich bei der Organisation des Candy B. Gravellers gebraucht werde. Der Candy hat ein tolles Motto und ist bekanntlich die Mutter der deutschen Bikepacking-Events. Er endet in Berlin, und es sollte ihn weiterhin geben, hoffentlich trotz dieser Pandemie. Ich liebäugele insgeheim damit, die Strecke vorher in meinem eigenen Rhythmus abzufahren, und vielleicht gesellt sich ein weiteres Soma aus einer anderen Ecke des Landes dazu.

Drittens steht das Berliner 600er Brevet nach Tschechien auf den Jeschken an, das eigentlich schon im letzten Jahr stattfinden sollte. Hoffentlich zusammen mit den flinken Herren, mit denen ich vorzüglich nicht nur hin und wieder 400 Kilometer fahre, sondern inzwischen gern auch vier Stück Kuchen esse. So muss ich bis Juni auch mal hin und wieder Gas geben.

Außerdem will ich mein 1.000 km-DIY-Brevet vom letzten Sommer als Route zum Nachfahren herausbringen, etwas an die „Community“ zurückgeben. Kürzlich las ich über die Idee, die drei höchsten Gipfel der nächstgelegenen Mittelgebirge von Berlin aus abzufahren und dachte sofort, toll ich will!, bis mir einfiel, dass ich mir das ja selbst ausgedacht hatte und auch schon gefahren bin. Hundert Prozent zufrieden war ich mit der Streckenführung allerdings noch nicht und möchte erst noch nachscouten.

Und dann ist da noch so eine Sache mit vielen Höhenmetern, wenn die Anreise bis dahin erlaubt ist … das Huhn gackert zu gegebener Zeit.

Sehr reizvoll klingt darüberhinaus die neue Superrandonnée „Rheingold“, die am Deutschen Eck in Koblenz startet und durch Taunus, Hunsrück und Eifel führt. Thüringen ist natürlich auch immer die Reise wert. Und schließlich plant M., der näheren Umgebung überdrüssig, alle vier Wochen eine andere Mehrtages-Tour mit schmalem Gepäck. Ich glaube, aktuell fahren wir in die HoheTatra.

Das Jahr an sich muss länger sein. Hoffen wir, dass wir unterwegs sein können, wie wir wollen. Ich freue mich auf Begegnungen!

Und neue Fotos von Euch allem mache ich dann auch!