Sommerurlaub: Polnische Ostseeküste mit den Rädern oder nach Italien zu Cappuccino und Cornetto? Lange waren wir unsicher. An der Küste sollte es sehr touristisch zugehen. Am Ende entscheiden die Wetteraussichten (Sonne und irgendwas über 20 Grad) und die unschlagbar kurze Anreise von Berlin aus.
Tag 1: Anklam – Swinemünde/Świnoujście, 75 Kilometer
An einem Mittwochmorgen um halb 9 in den RE, um 11 Uhr geht der Urlaub los. Wir haben schönes Wetter, zu recht. Wir sind extra einen Tag später los. Die Unterkünfte bis Danzig haben wir zwei Abende vorher gebucht.
Von unseren sonstigen Polen-Radurlauben blieb die Erkenntnis, dass breite Reifen uns vor der ein oder anderen belebten Landstraße bewahren könnten. Die Ausweichwege sind oft nicht asphaltiert. Jetzt muss ich erstmal reinkommen mit dem schweren Soma. M. hat im letzten Moment seine Gabeltaschen abmontiert, ich bin der einzige Packesel. Auch sind neun Tage scheinbar nicht genug, um mich von einer 1.200-Kilometer-Fahrt zu erholen. Es ist deutlich mühsamer als gedacht.
Bis Zinnowitz Rückenwind und ruhige Straßen zwischen den Feldern. Dann geht es los. Belebter Weg hinter der Küste entlang. Der Strand ist voller Strandkörbe zum Mieten, dahinter Verkaufsstände mit Limo und Eis. Ist uns alles zu viel. Auf einer Bank etwas abseits essen wir die Reste aus dem Kühlschrank.
Hinter Ückeritz fahren wir am längsten Zeltplatz der Welt entlang. Stellplatz um Stellplatz. Wer campiert hier? Die Autokennzeichen sind aus dem ganzen Land.
Zehn Kilometer vor Swinemünde wird es richtig heftig. Wir sind im Radkorso gefangen, auf zwei Spuren, vorn abgebremst, zum Überholen kein Platz. Immerhin radeln die Leute! Trotzdem hoffe ich, es wird wieder ruhiger. Aber unser Hotel erscheint irgendwann einfach neben der Straße.
Bin dennoch heilfroh, dass der erste Tag vorbei ist. Ich bin tatsächlich kaputt, trotz kleinen Kilometern.
Die Stadt selbst ist proppenvoll. Promenade, hingeklatschte Restaurants aus Plastikplanen. Wir gehen gerade über einen Holzsteg hinter dem Strand, als aus den Lautsprechern die Erkennungsmelodie zu Baywatch erschallt. Es ist belebter als an einem Samstag auf dem Alex. Wir sind wie erschlagen. Doch in den Zug nach Bologna steigen?
Oder ins Hotel gehen und schlafen, vor 21 Uhr. Zum ersten Mal in meinem Leben höre ich M. sagen, wir könnten zurück, er habe nicht das Gefühl etwas zu verpassen.




Tag 2: Świnoujście – Kołobrzeg, 109 Kilometer
Im Frühstücksraum komme ich mir vor wie in einer Seniorenresidenz. Als ich jünger war, hatte sowas wie Altern nichts mit mir zu tun. Inzwischen schaue ich mir sehr bewusst an, was da auf mich zukommt. Mit dem Rollator, schlecht zu Fuß, oder bedächtigen Schrittes, aber aufrecht. Beige in beige vor sich hin mümmelnd oder perfekt geschminkt. Ich kann mir überlegen, welche Variante ich besser finde. Ganz bestimmen lässt es sich wohl nicht.
Ein bisschen lustig ist es trotzdem.
Wir müssen mit der Fähre über den Kanal, das macht Spaß. Dann stehen wir lang an einer geschlossenen Schranke vor ein paar einsamen Schienensträngen. Dann sind wir auf einem schönen Waldweg, und irgendwann oberhalb der Küste mitsamt tollem Ausblick.
Im Wolinski Park Narodowy bin ich gerade halbwegs im Rhythmus , als M. darauf besteht, einen Abstecher ans Meer zu machen. Überhaupt wird der Mann unruhig, wenn wir das Meer für zwanzig Minuten nicht sehen. Haben wir etwa nicht den Weg direkt an der Küste geplant? Ich denke, das haben wir ja noch vier Tage lang. Aber gut. Schieben wir unsere Räder irgendwie durch den Sand, stapfen den Abhang hinunter. Eigentlich reicht es mir schon, nach 35 Kilometern. Morgen über 120. Wie soll das werden? Ich mache mir ernsthaft Sorgen.
In Dziwnów trinken wir Kaffee in so einer hingeklatschten Straßen-Bar. Immerhin schmeckt der.
Es ist nochmal richtig warm geworden. Bei einem Bäcker kaufen wir zwei süße Stückchen. Ein paar Dutzend Wespen tummeln sich in der Auslage. Wir sind beide fasziniert davon, wie ruhig der Verkäufer bleibt. Das Hefeteil ist mein Ding. M. weiß nicht, wie ich das trockene Ding essen kann.
Die letzten 30 Kilometer beiße ich die Zähne zusammen und zähle. Irgendwie ist alles verpufft, was jemals in meinen Beinen war. Bin einfach nur froh, als wir Kołobrzeg erreichen. In das Hotel gelangen wir diesmal per Code, schieben die Räder mit ins Zimmer. Ich esse das restliche Hefestück im Liegen. Danach geht es wieder.
Auf der Terrasse vom Hotel-Restaurant hat eine Frau zwei Teller Fritten abgestellt und verständigt sich mit ihrer Begleitung über die Tischwahl. Hinter ihrem Rücken schnappt eine riesige Möwe die Fritten vom Teller, schlingt immer mehrere auf einmal hinunter, während sie genau beobachtet, ob die Frau sich wieder umdreht. Die Umstehenden fangen an zu winken und rufen der Frau zu, die kapiert es aber nicht, die Möwe schlingt und schlingt. Slapstick pur.
Wir finden ein Restaurant in einem richtigen Haus, kalte Rote-Beete-Suppe und ukrainische Pierogi. Köstlich.
An der Promenade megakitschiger Sonnenuntergang. Für den Zugang zur neuen schicken Mole muss man zahlen. Wir geben unser Geld lieber für Lody aus. Heute will ich auch. Brauche für morgen alle verfügbaren Kalorien.







Tag 3: Kołobrzeg – Ustka, 129 Kilometer
Frühstück ab 7:30 Uhr. Als wir das Hotelzimmer mit den Rädern an der Hand verlassen, funkeln uns die Reinigungsleute böse an.
Um Viertel nach 8 sitzen wir auf dem Rad. Ich bin nicht mehr so fertig wie an den Tagen davor. Hinter dem Ort sofort die Küste. Das fühlt sich zum ersten Mal richtig gut an.
Die Orte und die unvermeidlichen touristischen Anlagen werden kleiner. Die Natur dazwischen ist sehr schön. Immer wieder sehen wir riesige Appartementhäuser, im Bau oder gerade fertig geworden, die richtig wertig aussehen. Wer kauft sich so eine Wohnung, wer kann sich das leisten? Der Radweg schafft es trotzdem, immer wieder durchs Grüne zu führen.
Nach 65 Kilometern brauche ich Pause. Am Zabka in Dabki sitzen wir im Schatten. M. bringt Haribo Roulette Fizz mit, die es hier überall gibt, und möchte auf Band haben, als ich sage, ich bin froh, dass keine Höhenmeter kommen.
In Darlowo verlassen wir die Route, auf der Suche nach einem Café. Im Ortsinneren geraten wir in ein Straßenfest. Ein Militärchor singt, an verschiedenen Ständen können Kinder über eine Art Parcours pirschen. Ein Mann lässt sich mit einer Maschinenpistole fotografieren (oder dem was ich dafür halte). Ich denke an die Diskussion um die Wehrpflicht zuhause. Egal, wie man dazu steht: Sowas wie hier, so hands-on die Leute dafür zu gewinnen, statt in Bedenken zu ersticken, das hat was.
Vielleicht am schönsten ist der Weg zwischen Darlowo und Wicie. Wir fahren über Lochplatten, die aber sehr ebenmäßig verlegt sind, und die Löcher sind quer und zu kurz zum Reinholpern. Alle paar Meter kreuzen wir ein kleine Sandwanne, die es vom Strand hochgedrückt hat. Absteigen und Schieben. Die Bäume schaukeln im Wind. Ein Idyll. Ich bin so froh, dass die Kilometer einigermaßen gut wegziehen.
Noch einmal vor ans Meer, M. möchte ins Wasser und kapituliert vor den Quallen. Ich verspeise eine halbe Tüte Katjes Glücksherzen. Nur ein paar wenige Menschen sind unterwegs. Schön ist es hier.
Schön ist auch der Weg über Land nach Ustka. Sanft geschottert, Blicke über die Landschaft. An der Unterkunft von vornherein die Auflage, die Räder draußen zu lassen (hatten die Kontakt zu unserem letzten Hotel, oder was?), in einem Unterstand hinter dem Haus, der uns nicht sehr vertrauenswürdig erscheint. Nebenan wirft einer ein Kabel aus dem ersten Stock nach unten, um sein Auto aufzuladen. Ob die Preise für die Zimmer da wohl mal so bleiben?
Abendessen in der Stadt. An die Suppe als ersten Gang haben wir uns voll gewöhnt. Anstoßen auf 130 Kilometer. Puh.





Tag 4: Ustka – Białogóra, 110 Kilometer
Die Unterkunft ist direkt am R 10/13, dem wir die ganze Zeit lose folgen. Um die heutige Strecke haben wir gerungen. Ab dem Mittag soll es regnen, und ich habe keine Lust, im Matsch stecken zu bleiben. Ich möchte asphaltierte Wege.
Wir sind viel im Hinterland. Viel Luxus-Schotter, viele verschiedene Waldarten, wenig komische Dörfer. M. teilt mit, er sei Zuckerwasser“-süchtig und meint die süße Limo vom Zabka, die er sich täglich in die Flasche füllt. Ich will nie wieder ohne Roulette Fizz sein.
Nach Leba hinein machen wir einen Abstecher, hoffen auf einen Kaffee. Richtig schön finden wir es nicht. Aber die Pause tut gut.
Danach schwarzer Kies, und diese Wälder. Landschaftlich schon wieder eine beste Etappe. Die Reiseradler*innen sind deutlich weniger geworden. Ein paar Mountainbiker sehen wir noch, die wirken hier grundsätzlich mürrisch. Ob’s an der Haltung liegt, wie die da so auf den breiten Lenkern hängen?
Am Ende zieht es sich trotzdem. Wolken ballen sich am Himmel, wir erreichen Białogóra gerade noch vor dem richtigen Regen. Beim Bäcker kaufen wir ein Hefe-Kirsch-Teil und ein Himbeer-Törtchen und lernen ein neues Wort: „Malina“.
Abendessen um 17:30, in Gedenken an die Seniorenresidenz. Die Restaurants machen oft früh zu. Am Lody-Gofry-Stand gibt es „Gofry Dubajskie“. Fotografiere ich für meinen Vater, das wird ihn begeistern.
M. will mal noch zum Strand, laut Google Maps 1,9 Kilometer. Ich meutere, dann gehen wir doch, zusammen mit dem halben Dorf, zum orangenen Sonnenuntergang. Ein breiter asphaltierter Weg, alle sind zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs, kein einziges Auto. Geht auch.






Tag 5: Białogóra – Hel – Fähre nach Gdansk, 74 Kilometer
Beim Bäcker ist die Milch im Kaffee sauer, und die Croissants in Frankreich waren besser. Egal, die Sonne scheint.
Zuerst noch fahren wir einsam durch den Wald, kurven um die Löcher voller Wasser herum.
In Jastrzębia Góra verkauft uns eine Frau in einem Restaurant nur mürrisch einen Kaffee. Das erste Mal, wo eine Begrüßung nicht so freundlich ausfällt. Im Vergleich zu Berlin aber ein Witz.
Ich bin gespannt auf den Weg entlang der Halbinsel. Auf der Karte sieht das spannend aus. Finde den dann eher schrecklich. Ein schmaler, hubbeliger Radstreifen aus Gehwegpflaster für beide Richtungen, für meinen Geschmack zu wenig Platz, um die Menschen zu überholen, die grüppchenweise oder auf ihren E-Bikes weit ausholend vor sich hin mäandern. Ich will überhaupt nicht mehr anhalten, will keinen einzigen der Überholvorgänge wiederholen müssen.
Die letzten Kilometer führt das Weglein versöhnlich auf Schotter durch den Wald, die vielen Leute sind weg, und auf einmal stecken wir im Autoverkehr in Hel. Östlichstes Ziel erreicht! Helfer in gelben Warnwesten versuchen vergeblich, einen Teil der PKWs auf die Parkplätze hinter dem Ort zu lotsen.
Natürlich sind wir viel zu früh an der Fähre. Sitzen auf einer Bank und in einem Café und beobachten das touristische Treiben. Die Fähre ist nur für Fuß- und Radverkehr. Über eine Schiene hieven wir die Räder an Bord.
Die Einfahrt nach Gdansk vom Wasser aus ist monumental. Hafenanlagen, riesige Kräne, soweit das Auge reicht, Berge von Kohle. Die Fähre nach Nynashamn ragt hoch über uns auf. Immer weiter dringt unsere kleinere Ausgabe vor. Plötzlich die schmucke Fassade der Altstadt, wo wir das Schiff verlassen. Morgen mal nur zu Fuß.





Tag 7: Gdansk – Kościerzyna, 86 Kilometer
Am Ende entscheiden wir uns für eine kurze Etappe nach dem Ruhetag. Die Klamotten duften, die Beine sind nur vom vielen Rumlaufen müde. Café und Bäcker für das Frühstück haben wir gestern ausgekundschaftet.
Spätestens im dichten Verkehr aus Danzig heraus sind wir wach. Auf der Karte sah es aus, als würde es früher ruhig. Aber die Vororte erstrecken sich weit ins Hinterland.
Richtung Kartuzy schrauben wir uns immer höher, bis auf ganze 220 Meter über Meeresniveau. Es kommen trotzdem Höhenmeter zusammen in der „Kaschubische Schweiz“, immer ein bisschen hoch und wieder runter. Im Kaszubski Park Krajobrazowy radeln wir auf fein geschotterten Wegen durch lichte Laubwälder. In der steilen Abfahrt nach Chmielno liegen so dicke Steine, dass wir absteigen. Unten erklärt ein Schild ausführlich die Schlangenarten der Gegend. Hätte ich das gewusst, keinen Fuß hätte ich auf den Boden gesetzt!
Kaffee gibt es mal wieder nicht. Mit einem Eis setzen wir uns an den See.
Irgendwann sind wir auf einer gelben Straße, die uns zu stressig wird, nehmen ein paar Umwege über die Felder. Ich bin wieder froh über die dicken Reifen.
Auf den letzten Kilometern stehen wir im Sand. Es wird gebaut. Wir können uns einen Weg bahnen oder zurück auf die vielbefahrene Landstraße. Lieber ein paar Meter schieben.
Im hektischen Kościerzyna sitzen wir schon kurz nach Mittag vor unserem Hotel, dem hässlichsten, das wir bisher hatten. Gegenüber ballen sich KFC und Discounter. Nebenan schneidet jemand die Hecke mit etwas, das nach einer Kettensäge klingt. Doch weiterfahren? Aber wir haben schon gebucht. Als wir dann früh in unser Zimmer dürfen, bleiben wir.
In der Innenstadt ist es ruhig. Die mehrsprachigen Speisekarten haben wir mit der Küste hinter uns gelassen. Zum Abendessen Pierogi, leckere Kraut-Salate und eine extra Portion Fritten. Morgen wird ein langer Tag.






Tag 8: Kościerzyna – Szczecinek, 129 Kilometer
In unserem „Business“-Hotel gibt es ab 7 Uhr Frühstück. Um 7:44 sind wir auf dem Rad. Jeden Morgen denke ich, ich bräuchte zu Anfang die Jacke und fahre dann doch in kurz-kurz los. Was für ein Glück mit dem Wetter!
Landschaftlich wird es ein herausragender Tag. Zuerst durch den Wdzydzki Park Krajobrazowy. Wieder eine schöne, gut rollende Strecke durch viel Wald, oder auf gekieselten Radwege neben der Landstraße.
Der Trick ist, die geraden Straßenstücke zu meiden, oder zumindest nur solche zu nehmen, die Teil von Fernwanderwegen sind. Dort hält sich der Verkehr in Grenzen. Fast jeden Abend planen wir die ungefähre Route für den nächsten Tag so neu.
Im Nationalpark „Bory Tucholskie“ nur zwei Fahrspuren im Gras. An einem Steg am See machen wir Pause. Nur Laute von Vögel und Insekten.
Irgendwann bleiben wir im Sand stecken und schieben, bis wir merken, wir sind falsch abgebogen.
Auch als die Parks hinter uns liegen, geht es immer ein paar Meter hoch oder runter. Ich schwelge in den Aussichten. Wie toll, sich mit kleinem Gepäck durch das Land zu bewegen! Mein Rad ist nicht mehr schwer.
Über dem vielen Schauen und Staunen und der ganzen einsamen Gegend haben wir nicht an Wasser gedacht. InMiedzyborz soll es einen Slep geben. Dort hängt aber nur ein Zettel an der verschlossenen Tür.
M. fragt zwei Frauen, die eine Horde Kinder auf einem Spielplatz betreuen. Auf einer Bank am Ortsausgang machen wir Pause.
Selbst die letzten Kilometer nach Szczecinek sind wir auf einsamen Sträßchen. Wir sind uns einig, das Landesinnere ist, solange wir die richtigen Straßen erwischen, noch besser als der Weg entlang der Küste.





Tag 9: Szczecinek – Łobez, 103 Kilometer
Es regnet, der Regen soll sich weit in den Vormittag hineinziehen. Wir sitzen beim Frühstück am See und vertrödeln die Zeit. Ein paar kleine Cabanossi wandern in die Tasche. Als wir um halb 10 Uhr vor die Tür gehen, hört es gerade auf. Perfekt. Zwei Stunden später als am Tag davor brechen wir auf.
Am Himmel ballen sich noch die Wolken und die Straßen sind ganz schön nass. Wieder Glück gehabt. Dafür haben wir einen Gegenwind, der ganz schön schlaucht.
Nach 30 Kilometer der gewohnte Bäckereibesuch. M. bestellt zwei Bulki. Wir sollen doch erst mal erklären, welche von den verschiedenen Bulki wir denn wollen! Die Bäckerin hat Freude an dem Geradebreche.
Auf baumgesäumten winzigen Landstraßen, immer ein bißchen hoch und runter. Die einzigen doofen Straßenstücke liegen schon hinter uns.
An einem blumengeschmückten Kreuz machen wir Rast. M. ergeht sich in Schwärmereien von Lennéschen Landschaften. Ich schwärme für die bunt angemalten Bushäuschen in der Gegend. Wo man hier überall schlafen könnte! Aber eine Matratze ist auch nett.
In Łobez zuerst zum Zabka für das Zuckerwasser und die Roulette. Unser Hotel, ein altes Herrenhaus mit Shining-Charme, liegt außerhalb. Vor dem Hauptgericht eine Rote-Beete-Suppe, dazu eine „Krokette“, die sich als kindskopfgroße, mit Kraut gefühlte und frittierte Teigtasche herausstellt. Zum ersten Mal kommt mir die Kalorienzufuhr übertrieben vor.







Tag 10: Łobez – Szczecin Glowny, 111 Kilometer
Letzte Etappe. So richtig Lust zu radeln haben wir heute beide nicht mehr. Um kurz vor halb neun sind wir auf dem Rad, bei strahlendem Sonnenschein.
Zuerst die kleinem Landstraßen, lieblich und leer. Nur der Wind ist uns im Weg. Nach 50 Kilometern greife ich zum eisern gehüteten Energieriegel. Egal wie viel ich gegessen habe, es scheint nie zu reichen.
Ab Stargard ist es vorbei mit der Ruhe auf dem Weg. Laut Karte fahren wir an einer Landstraße entlang. Real wirkt es wie eine stark befahrene Bundesstraße, glücklicherweise mit separatem Radweg. Es fängt an zu regnen.
Vor Stettin dürfen wir auf einen letzten Waldweg. Wir wühlen uns über nassen Sand und Kieswege und an großen Pfützen vorbei. Im nächsten Ort regnet es so stark, dass wir kurz in einem Bushäuschen halten.
Der Radweg 20A soll angeblich direkt nach Stettin hineinführen. Ohne Navi ist er kaum auszumachen. Wir hangeln uns an den riesigen Straßen entlang auf etwas, das als holpriger Gehweg durchginge. Wenigstens eine separate Spur. Die letzten Kilometer auf die Stadt zu verstehen wir unsere eigenen Worte nicht mehr, so laut ist der LKW-Verkehr.
An der vorletzten Brücke verfranzen wir uns gründlich, fahren zweimal zurück, bis wir (mit Aussicht von einer Brücke, die aber die falsche ist), den richtigen Weg ausmachen. Als wir endlich in Bahnhofsnähe sind, haben wir keine Lust mehr, Stettin zu erkunden. Der Zug geht in einer dreiviertel Stunde.
Immer wieder ein gutes Gefühl, es geschafft zu haben, auch wenn’s keine Rekorde bricht. Schön war das!





26/09/2025 at 13:09
Hallo Takeshi!
Ich war ja voriges Jahr auch „da oben“ – wenig gefahren (weil Presse-/Blogger-Reise), viel gesehen – https://www.kilometermacher.at/abenteuer-in-polen-von-wolgast-nach-ustka/ und neugierig geworden. Leider habe ich es heuer (wieder) nicht geschafft nach Polen zu kommen, aber hoffentlich nächstes Jahr!
Gruss aus dem verregneten BurgenlandRudi
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02/10/2025 at 21:28
Danke für deinen tollen Reisebericht Eva. So gut geschrieben- der Stil gefällt mir so gut. Und der Bericht macht (naja in Teilen zumindest) Lust nach Polen zu fahren. Diesen Sommer war ich am letzten Tag meiner 7-tägigen Bikepacking Tour auf polnischer Seite der Oder von Cedynia nach Stettin unterwegs. Und ja, nächstes Mal darf es noch viel weiter nach Osten gehen. Die Polen sind gute Nachbarn.
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02/10/2025 at 22:32
Lieben Dank. Und ja, das sind sie. Und vielleicht ist nicht immer nur alles schön, aber es ist immer interessant (und am Ende liegt’s ja sowieso an einem selbst). Viel Freude schon jetzt!
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