Winter, ach Winter. Trübe schlurft der Januar dahin. November bezaubernder Spätherbst, Dezember ist Trost in Alkohol und Kerzenschein.

Aber jetzt.

Schnee, Eis, Matsch klumpt auf den Straßen. Grau und tief der Himmel.

Rolle, du trauriges Elend, ich kann dich nicht mehr sehen. Alte Tour de France-Folgen, egal wie oft, es geht doch immer gleich aus. Laufen ist tristes Dahingezuckel um das geschlossene Stadion. Der Rumpf längst stabil. Ich habe es so satt.

Mag nicht mehr klug trainieren, will einfach fahren. Wind, der durch den Helm pfeift, und das Rauschen, das jenseits der 30 kmh einsetzt. Wenn du meinst, da kommt ein Auto und dann merkst, das bist du selbst. Wenn M., an den Waden gekitzelt, dich nicht mehr so leicht abschütteln kann.

„Jetzt schneit das wieder“, meldet der vom Fenster, während ich noch auf dem Bett liege, gelähmt, verloren. Kein Samstag darf so sein.

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All die schönen Pläne, unendlich entfernt. M. sah den eng beschriebenen Kalender fürs Jahr und stöhnte. „Machen wir ein Wochenende lang noch was anderes als Radfahren?“

Die Frage ist, warum sollten wir?

Ich kann es nicht erklären. Auf dem Rad, da weichen alle Sorgen zurück, weit hinter die nächste Biegung. Auf dem Rad, da scheint alles möglich und nichts nötig. Auf dem Rad, da bin ich, ohne wer sein zu müssen. Chemie wohl. Wen kümmert’s.

Ab und an verblasst das hinter Trittfrequenz, Pulszonen, Kilometerjagd. Wo‘s doch das Wichtigste ist. Winter, du alter Scharfzeichner.

Und kommt der Sonntag, und alles ist weg getaut, und nass, und doch fahrbar, ich tanze durch die Wohnung nach Mütze, Helm und Überschuhen, das sieht aber noch glatt aus, sagt M., und besser Reserven bilden, schreibt der Coach, Reserven, bitte, was soll das sein, Fettdepots?, und nur kurz mal schauen, wie die Straßen so sind, und ja, ich pass‘ auf!

Und runter und aufgestiegen und eingeklickt und erste Umdrehungen und…

Freiheit.

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