Es war einmal ein Event, das führte auf Feld-, Wald- und Wiesenwegen, über manch garstige Wurzel und einen unfahrbaren Weinberg ein gutes Stück durch Deutschland. Da fuhr ein Mann mit, der unterwegs gehörig litt und fror.

Aber er erkannte auch die Anmut dieser Art und Weise, eine Gegend zu erleben; sie zu durchqueren auf allen möglichen Untergründen außer dort, wo widerliche Blechkisten verkehren. Und da dieser Mann seine Heimatregion sehr liebte, entwarf er, kaum zuhause angekommen, eine Strecke. Und noch im gleichen Jahr fand der Mainfranken Graveller zum ersten Mal statt. 

Seit 2017 veranstaltet Jochen Kleinhenz seine „Tourenoption“ durch und über die vier umliegenden Mittelgebirge Spessart, Rhön, Hassberge und Steigerwald. 630 Kilometer und 9.100 Höhenmeter im self supported Bikepacking Modus, Start an Himmelfahrt.

Eigentlich will ich schon immer mal mitfahren, ist ein mehrtägiges Gravel-Event pro Jahr bis 2019 eine liebgewonnene Tradition, und dann Corona- oder Rücken-bedingt nicht mehr.

Auf unserem Italien-Trip wird mir klar, wie gut es ist, mal wieder eine andere Gegend vom Sattel aus zu erkunden. Und schon bin ich angemeldet, schon habe ich Joas geschrieben, mit dem ich seit einiger Zeit nur noch in den ollen Kamellen schwelge. Willst du nicht auch?

Im Vorfeld auf die Temperaturen schielend – in den Nächten runter auf 4 Grad -, bin ich mir nicht so sicher, ob Schlafsack und Isomatte für die Schutzhütten ausreichen. Nimm doch das Zelt mit, sagt M. Das Zelt ™! Im letzten Jahr sorgfältigst ausgesucht, Nordisk Lofoten II, 500 Gramm Kampfgewicht, Volumen wie eine kleine Bidon, unbenutzt. Dass ich das haben darf. Absoluter Liebesbeweis.

Und weil Das Zelt ™ samt allem anderen nicht mehr in den Saddle pack passen wird, kommt er mit der Idee, ich könnte mir noch Halterungen für seine Gabeltaschen beschaffen.

Schwuppdiwupp, sechs Liter mehr Stauraum, Zelt rein, Daunenjacke, warme Socken für nachts, aber keine für die Rückfahrt, bloß nicht übermütig werden. Nichts ist schlimmer als unterwegs festzustellen, die ganze Konstruktion ist zu schwer.

Das Aufstehen um drei funktioniert mit militärischer Disziplin und viel Gefluche auf mich selbst. Wenigstens ist es im Zug leise genug, dass ich ein bisschen dösen kann.

Schlag neun Uhr bin ich an der Residenz in Würzburg, wo viele bepackte Räder und Menschen sind, diese und jene sagen hallo, Joas erzählt die ersten Geschichten, mir ist noch alles zu viel, lasst mich doch erstmal ankommen.

Jochen hält eine kurze Ansprache, aber weil wir uns malerisch am laut rauschenden Brunnen versammelt haben, ist er kaum zu verstehen, Slapstick irgendwie. Irgendwelche Behörden-Leute belagern ihn. Das ginge so nicht, Fotos von der Residenz dürfen nicht veröffentlicht werden.

Aber wir sind auf der Strecke, fädeln uns aus Würzburg hinaus, ich biege irgendwo falsch ab, da sind Joas und ich nur noch zu zweit, erst einmal durchschnaufen. Wir haben ja noch vier Tage.

Tag eins, Spessart: Von Würzburg fast bis Gemünden

Am ersten Tag steht der Spessart auf dem Plan. Viel lichter Laubwald, fein graveliger Belag, grünes Sommer-Licht. Die Luft ist noch frisch, gut zum Fahren.

Die ersten 50 Kilometer sind halbwegs flach, hinter Triefenstein pflügen wir uns den Main entlang durch den Matsch. Dann geht es endlich hoch.

Joas hat ein neues Rad, ein nur wenig gebrauchtes Surly ECR, erst ein paar Tage vorher erworben. Mein Soma wirkt daneben wie eine Kindergröße. Mit diesen Reifen, die breiter sind als meine Waden, ballert er einfach über alles drüber. Ich denke mit leichtem Grausen daran, wie schnell er wurde, als er beim Candy endlich den passenden Reifendruck fand.

Er hat jedenfalls sichtlich Spaß. Auf dem ersten Wiesenweg mit kniehohem Gras kreuzt er über die Erhöhung in der Mitte, ich munter hinterher, bleibe mit dem Vorderrad in einer unsichtbaren Spurrille hängen und zack, liege ich unter dem Rad und höre, wie er, sich entfernend, immer weiter erzählt. Muss sofort an meine Mutter denken: Wie sie mal an einem Zebrastreifen hinten vom Tandem sprang, mein Vater weiterfuhr und redete, ohne es zu merken. Wie sie sagte, sie hätte sich vor Lachen fast in die Hose gemacht (ja Mama, ich soll sowas nicht schreiben. Aber ich finde es so lustig).

Vorsichtiger weiter, aber ich bin zuversichtlich, dass es nur wenig technisch wird. Jochen als Landschaftsgenießer quält seine Gäste sicher nicht unnötig.

Auf der Strecke sind pro Track etwa drei Dutzend Highlights eingeplant. Biergarten, Schutzhütte, Rastplatz, Ruine, Schloss, Ausblick. Bald zeigen wir auf jede Bank, die hübsch neben einem Kreuz am Wegesrand drapiert ist. Bestimmt ein Highlight!

Die erste bewirtete Hütte, Sylvan, quillt über vor Menschen am Vatertag. Ich hatte mich etwas gefürchtet vor betrunkenen Massen. Daheim fahren wir an Himmelfahrt („Herrentag“, wie sie in Berlin sagen, Joas verdreht gleich die Augen) höchstens bis 14 Uhr. Ein paar haben auch gut geladen, aber alles bleibt zivil.

Hoch und runter und hoch, aber irgendwie rhythmisch. Ich kann abwechselnd die frischen Bremsen und die Beine ausprobieren. Die sind gar nicht so schlecht für die wenigen langen Kanten, die ich bisher in diesem Jahr – „heuer“, wie es hier heißt – gefahren bin.

An der Aurora-Hütte sitzen ein paar MfG-Kollegen und winken, wir frischen aber nur unsere Wasservorräte auf. Bergab flattert das Soma im tiefen Kies, und in diesem Moment glitsche ich hinein in diese Zeit, die nur aus Radfahren besteht.

Am Nachmittag parken wir die Räder an der Fischerhütte neben den ganzen E-Bikes, wollen eigentlich nur Kaffee. Dann doch Apfelstrudel und Pfannkuchensuppe. Haben verabredet, wir schlafen nachts. Keine Trails im Dunkeln, Jochen hat es auch angemahnt am Start, irgendwas mit Naturschutzgebieten und saftigen Strafen, das einzige, was ich vor dem rauschenden Brunnen verstanden habe.

Schrauben uns langsam zur Sohlhöhe hoch, dieses seltsame Wasserbecken, als hätte sich ein Riese mit dem Daumen auf dem Berg abgestützt. Auf dem Kamm geht es einige Kilometer weiter, und allmählich werde ich müde, der Tag ist lang geworden.

Wir finden eine Jagdhütte, abgeschlossen. Gefällt uns auch nicht, das Vordach zu schmal, eigentlich wollten wir sowieso weiter runter. 

Eigentlich ist es noch hell, aber hier unter den Bäumen doch düster, ich kann die Wurzeln und Steine auf dem hubbeligen Pfad kaum mehr erkennen. Hätten wir doch bleiben sollen?

Dann ein winziger Abzweig auf dem Track, und da steht sie, gut verborgen im Gebüsch: die Schneckenweg-Hütte. Holzblöcke, Tisch, daneben ein Stückchen Wiese. Ein Hoch auf die hundert Highlights!

Ein oder zwei Fahrrad-Lichter gondeln noch einsam den Weg entlang. Der Rest der Nacht gehört uns. Wir sitzen auf der Veranda, teilen Salzmandeln und das Stück Banane, das meine Pumpe nicht zermantscht hat.

Tag zwei, Rhön: Gemünden bis Unsleben

Wunderbar warm ist es nachts in meiner kleinen Behausung, nur das Zusammenpacken dauert. Das Zelt ™ ist glubschig und will nicht zurück in die Tasche.

Wir rollen runter bis Gemünden, schon acht Grad auf dem Garmin. Vor dem Bäcker liegt eine der Spokecards, die wir am Start bekommen haben. Name: Eelco M. Verloren oder wütend weggeworfen? Ich frage den, der drinnen sitzt, ob er Eelco sei, ist er aber nicht.

Wir fahren den ersten Berg hoch, und es ist gut, dass wir schon belegte Laugenstangen hatten. Den letzten Stich zum Dreistelzturm müssen wir schieben. Aber was für ein Turm, was für ein Blick!

Vor Bad Brückenau schaue ich dreimal nach, wo der Supermarkt ist, ich bin irgendwie Supermarkt-zuständig, und manchmal finde ich das anstrengend. Dafür sorgt Joas dafür, dass ich auf den Turm hochgehe. Struktur und Spaß, wir haben das gut aufgeteilt. Biegen extra in das Städtchen ab, was gar nicht nötig ist, der Track führt auf der ehemaligen Bahntrasse in Sichtweite vorbei.

Die Rhön ist kalt und schön. Hält lange, steile Anstiege für uns bereit. Jedes Mal spuckt uns der Track oben auf einem Gipfel aus, wo ein Kreuz steht, ein Funkturm. Platzer Kuppe, Kreuzberg, Sender Heidelstein. Plätze, wo man stundenlang sitzen und in die Welt sehen könnte. Wege, die halten, was da Wort „Gravel“ verspricht.

Halbstündlich feiern wir unseren Track-Kreateur, oder spätestens, wenn wir wieder irgendwo oben sind. Hat er wirklich toll gemacht! – Echt, der Jochen, Hut ab! Bei jeder kleinen Schleife auf dem Track sind wir gespannt. Wo will er uns hinführen?

Es ist der Tag mit den meisten Höhenmetern. Bergauf fahren wir von uns hin, mal im eigenen Tempo, dann wieder am Quatschen. Wie unbeschwert das Leben auf dem Rad ist.

Vom MfG-Peloton sehen wir keinen mehr, außer einem jungen Kerl mit schwarzer Brille, der uns regelmäßig über den Weg fährt und nie was sagt.

Später geht es ewig die Hochrhönstraße entlang, Lange Rhön, sehr treffend, guter Ausblick und immer schön gegen den Wind. Am Dreiländereck wollen wir eigentlich nur die Toilette benutzen. Dann wird doch ein Radler draus – die lokalen Biermarken -, und dann eine Thüringer.

Eine rasante Abfahrt, der Junge mit der Brille kommt seitlich auf einem Pfad aus dem Wald heraus, hat den Abzweig von der Straße aus verpasst. Auf den letzten Kilometern ballert Joas das Elsbachtal entlang, als wäre er heute noch keinen einzigen Berg hochgeschnauft. Wie immer halt.

Neben ein paar verschlossenen Häuschen haben sich einige MfGler versammelt. Eigentlich eine gute Stelle. Aber wir finden es psychologisch wichtig, den zweiten Track komplett zu beenden. Der endet am Dorfladen in Unsleben, eine Sparkasse gleich nebendran, wie ein Gruß von einer anderen Tour.

Auf der Anhöhe dahinter biegen wir links ab, finden einen Platz auf offenem Feld, im Windschutz eines Holzstapels. Bin froh, hier nicht allein zu sein, auch wenn hier keiner mehr kommt.

Meine Radhose finde ich nach den ganzen Höhenmetern etwas eklig, wie schmerzfrei bin ich eigentlich inzwischen.

Wie viele Hosen hast du dabei, frage ich Joas. Eine, sagt er. Und dann, lachend: Und weißt du, warum? Weil ich dich mal gefragt habe, wie viele Hosen du auf so eine Tour mitnimmst. Und du gesagt hast: eine!

Na toll.

So geht das zwischen uns. 36 Stunden gemeinsam unterwegs, und jetzt kommen wir nicht vor 23 Uhr in die Schlafsäcke, weil wir immer noch zu reden haben. Schön ist das. Im Dunkeln höre ich die Windräder schnaufen, und eine Nachtigall singt fröhlich vor sich hin.

Tag drei, Hassberge: Unsleben bis Steinernes Kreuz-Hütte

Mit der ersten Dämmerung sind wir im Sattel. Diesmal weiß ich genau, wie wir zur Bäckerei kommen, die ab 6 Uhr offen hat. Und dass wir bei Kilometer 98 die Gegenwind-Richtung verlassen. Joas ist begeistert.

Am Spielplatz Wülfershausen (natürlich ein Highlight), finden wir tatsächlich ein Häuschen mit sauberen, geräumigen Toiletten. Hände waschen und Flaschen auffüllen, so gut nach der Nacht auf dem Feld.

In Bad Königshofen nehmen wir den kleinen Umweg zum Norma. Dort gibt es exzellentes Belegtes. Oder es schmeckt inzwischen einfach alles gut. Ich putze mir die Zähne am Waschbecken, während Joas seine Bremse justiert.

Heute: die Hassberge. Kein Anstieg über 250 Höhenmeter, aber davon viele.

An einem jüdischen Friedhof kurbeln wir über einen wilden Pfad das erste Berglein hoch. Immer wieder gibt es diese kurzen Einlagen: Hasenpfade, Laubgräber, Matschlöcher. Jedes Mal, wenn ich denke, jetzt wird es ein wenig schwierig, kann ich mich darauf verlassen, der Abschnitt ist kurz.

Bei der Schwedenschanze oben ein Turm, müssen wir da rauf? Joas sagt ja. Also gut. Manuel kommt gerade herunter, drapiert netterweise mein Rad neben Joas‘, so dass wir von oben Bilder machen können.

Der wühlt jetzt in seinen Taschen. Bin kurz genervt, weil wir heute doch vorankommen wollen. Dann sehe ich, dass wir, sollten wir morgen doch den kurzen Track nehmen, nur das flache Stück verpassen. Da bin ich gleich nicht mehr genervt.

Irgendwo müssen wir an einem Weinberg entlang hoch, wuchten unsere Räder über das steile Stück, ist das eine Hommage an den Candy? Immer wenn ich an solchen Abschnitten fahre, so lange es eben geht, muss ich an das Prinzip von „Belchen satt“ denken. Das Pedal herunterdrücken und solange ausruhen, bis man fast umkippt. Dann das andere Pedal runterdrücken.

Warm ist es geworden. Oben das winzige Huthäuschen mit Ausblick, dann ein abenteuerlicher Hohlweg. Fahren geht hier gar nicht mehr, mühsam das Gepäck hochschuften, es ist steil und entkräftend.

Zwei Anstiege später Untermerzbach, wieder eine Schleife durch den Ort. Ich will mich gerade echauffieren, dass der mittlere Teil des Ortsnamen gar nicht geht, da laufen wir auf einen kleinen Bus auf, der im Schritttempo die Straße entlang fährt, hinten ein großes Plakat, „Vorsicht! Wallfahrt!“

Davor ein Trupp von 30, 40 Menschen, irgendwelche kirchlichen Sprechgesänge werden aus dem Lautsprecher skandiert, ein paar Leute tragen Wimpel an Stangen. Wir radeln staunend vorbei. Was der Jochen uns hier bietet!

Eigentlich wollten wir ja immerzu fahren, aber am Ende des Ortes riecht es so lecker nach Bratwurst. Am Vereinsheim wird gegrillt.

Ein Mann kommt und fragt, wohin wir unterwegs sind und schlackert mit den Ohren, als ich die Tour erkläre. Er will mir dann erläutern, dass das Problem bei langen Strecken ja das Sitzen sei, und ich wende mich einfach ab. Habe für Typen, die mir erklären wollen, wie Langstrecke geht, wirklich keine Lebenszeit mehr übrig.

Aber die Bratwurst schmeckt.

Etwas später ein Brunnen, ein Ausflügler-Paar warnt uns, kein Trinkwasser!, ist uns egal. Joas hält seinen Kopf unter den Strahl, und ich mache es ihm nach. Ich denke, dass das hier alles sehr perfekt ist.

Am letzten langen Anstieg zum Zabelstein: diese Wallfahrt, und die Institution Kirche an sich. Der unsägliche Umgang mit dem Missbrauch. Wir reden uns in Rage und dann sind die Höhenmeter weg.

Oben Trackende, mildes Abendlicht, keiner da. Aber wir haben noch eine Stunde Licht.

Nur dass es halt wieder hoch geht. Das Schild mit der Angabe „Murrleinsnest-Hütte 1,2 km“ ist doch sehr euphemistisch. Wir würgen uns da hoch, zwei E-Biker brettern vorbei. Joas erzählt später, dass sie ihm zugerufen haben, Murrleinsnest ist belegt! Unverschämt. Als wir oben ankommen, haben sie ein schlechtes Gewissen, bieten uns ein Bier an. In drei Kilometern soll es noch eine Hütte geben.

Die kommt und kommt nicht, sind wir schon vorbei, kann eine Hütte so versteckt liegen? Wieder ist es düster im Wald, geht einen interessanten Höhenpfad entlang, richtig genießen kann ich den im Halbdunkel nicht.

Endlich ein Hüttlein, gegenüber vom namensgebenden steinernen Kreuz, bisschen gruselig. Der Boden schmutzig, aber breite Bänke und sogar Nägel an der Wand zum Sachen aufhängen. Es ist warm und schön, an der Luft zu schlafen. Ich opfere meinen sandigen Füßen zwei Feuchttücher. Was für ein Gefühl.

Tag vier, Steigerwald: Steinernes Kreuz-Hütte bis Würzburg

Am Morgen ist Joas zuerst abfahrbereit. (Dafür saß ich am Nachmittag davor auf der Rewe-Terrasse bei Kaffee und Kuchen, während er seinen Supermarkt-Kakao zeitsparend auf dem Bordstein genoß. Langsam färben wir aufeinander ab.)

Wir finden einen Friedhof, ich erzähle Joas die Episode von einem gemeinsamen Bekannten, der beim Pendeln zur Arbeit an seiner Flasche nuckelt und sie einmal in der Woche auffüllt. Und nicht wäscht. Ich finde es eklig, meine Mutter fand es eklig. Die Algenbildung! Aber Joas erinnert mich sofort daran, wem hier zuerst eine einzige Radhose gereicht hat.

Diese Stimmung am Morgen, und die Zacken im Profil, die immer weniger werden.

Als ich bergauf um eine Ecke biege, tummeln sich zwei große und ein kleiner Fuchs auf dem Weg. Die Alten knurren mich an und springen elegant ins Gebüsch, das Fuchsjunge, ich habe noch nie eins gesehen, hoppelt verwirrt ein Stück des Weges vor mir her.

Im Wald wieder ein Abstecher, ein Highlight. Was willan uns da zeigen? – Nemma mit! Unsere Dialoge fransen allmählich aus.

Ein steiler, zerfahrener Weg bergab. Da sollte jetzt aber wirklich was kommen, eine abgefahrene Luxushütte. Ist aber nur der alte Dreifranken-Stein. Steht seit achtzehnhundert irgendwas da im Wald, wird Jochen später sagen. Na gut. Es ist wenigstens nicht sehr weit zurück nach oben.

Die vielen ausgeschilderten Wanderwege fallen mir wieder auf. Wir sind auf dem Marienweg, Schäferweg, Jubiläumsweg, Biergarten-Wanderweg, Rennweg-Radweg und was weiß ich noch alles. Und alle haben diese hübschen Piktogramme. Ich mag diesen liebevollen Tourismus.

In Geiselwind ist ein McDonalds, nicht ganz auf der Strecke, aber es ist Sonntag früh vor 7, da können wir jetzt echt nicht vorbei.

Ein weiterer Bikepacker kommt an, ich grüße, er schaut weg, rieche ich jetzt doch so schlimm.

Noch zwei Anstiege bis zur Entscheidung, wie wir zurückfahren. Beim Mainfranken Graveller gibt es eine lange und eine kurze Version, und zwischen jeder Etappe kann gewechselt werden. Jochen sagt später, es habe ihn so geschüttelt, welche Abkürzung einmal jemand genommen hat. Da wollte er lieber gleich eine schöne Variante anbieten.

Eigentlich hätten wir die Zeit. Aber ein bisschen Puffer ist nie falsch, und wir wollen auch noch mit dem Streckengeber plaudern.

Der Bikepacker vom McDonalds ist irgendwo vor uns falsch abgebogen, kommt uns jetzt entgegen, schaut wieder weg. Ist ab jetzt bei mir „der Verstockte“. Den Junge mit der Brille haben wir auch nicht mehr gesehen. Und wo nur hat der Mann beim ersten Bäcker sich umgezogen, der dort noch eine Jeans anhatte, und später auf dem Weg dann Radklamotten. Die wichtigen Fragen halt.

Viel zu schnell liegt plötzlich der letzte Anstieg hinter uns. Joas muss mich vor der Aussicht, die gar nicht die schönste ist, fotografieren. Mit dem Wind sausen wir die letzten Kilometer nach Würzburg zurück.

Jochen nimmt uns an der Residenz in Empfang. Drei Stunden im Biergarten vergehen wie im Flug. Wir wollten doch noch so viel bereden. Warum sind solche Tage eigentlich immer so schnell vorbei?

Im Zug nach Hause überlege ich zusammen mit dem Schaffner, dass die Bahn künftig einfach ungefähre An- und Abfahrtszeiten nennen könnte, und alle wären glücklich, und er will das in das interne DB-Verbesserungs-System eingeben.

Dann fragt mich ein junger Typ, wo ich gerade mit dem Rad unterwegs bin, und strahlt angesichts der Tour. Und einem weiteren Typen, der zur Fortbildung nach Berlin fährt, helfe ich mit den Stromresten aus meiner Powerbank und biete ihm fast noch eine Stadtführung an. Ich, die sonst nie mit Leuten redet. Da hat wohl wirklich was abgefärbt.

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Herzlichen Dank an Jochen für deine tolle „Tourenoption“ Mainfrankengraveller – die wirklich superschöne Strecke, die unprätentiöse und effektive Orga und den herzlichen Empfang. Ganz großes Gravel-Kino – empfehle ich sehr gern weiter!

Und an Joas für die wunderbare Begleitung über vier Tage. So unkompliziert und mit so viel Spaß. Ich freue mich schon auf gemeinsames Schwelgen 🙂

Und nicht zuletzt an Alex Q., für einen kleinen Kommentar hier auf der Seite, der vielleicht wirklich der letzte Tropfen zur Anmeldung war.

Bis bald!

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Touren auf Komoot (für die Performance-Schweine: lang – lang – lang – kurz):

Würzburg – (kurz vor) Gemünden (152 km, 2.470 hm)

Gemünden – Unsleben (156 km, 2.990 hm)

Unsleben – Steinernes Kreuz (170 km, 2.670 hm)

Steinernes Kreuz – Würzburg (91 km, 980 hm)