Türkisfarbenes Meer, einsame Straßen und eine Million Olivenbäume. Ich bin mit wenig Erwartung an die Landschaft nach Apulien aufgebrochen – bzw. an das, was Italien gern aus Landschaft macht, nach ein paar einschlägigen Erfahrungen in anderen Regionen. Und wurde sehr positiv überrascht.
Für alle, die Lust haben, es dort um die Jahrezeit auch einmal zu probieren, habe ich hier einiges rund um Planung und Organisation unserer Tour aufgeschrieben. (Und für die anderen: „Echten“ Langstrecken-Content gibt es dann demnächst wieder.)
Ich kann es jedenfalls sehr empfehlen! In der Vorsaison (Mitte März) herrschte gähnende Leere auf den Straßen, die Touristenorte lagen noch einsam und verlassen. Und gleichzeitig war es warm genug, um in kurzen Sachen zu radeln, und es fand sich immer eine offene Bar für einen Cappuccino.
Ja, es gab Müll an ein paar Straßenecken und manchmal holprige Wege. Aber auch wunderbare kleine Sträßchen durch Olivenhaine, Abschnitte entlang von Sanddünen, spannende Serpentinen über die Berge. Unsere 800 Kilometer über die Hacke Italiens waren ein toller Urlaub!



Transparenzhinweis: Die genannten Dienstleistungen bekommen hier unbezahlte und freiwillige Werbung – ausprobiert und für gut befunden!
Unsere gefahrene Route findet Ihr in dieser Komoot-Collection.
Planung der Etappen
Wie viel man an einem Tag fahren will, ist natürlich eine individuelle Entscheidung. Wir haben uns zu zweit für diese Reise bei täglich 95 bis 110 (einmal 140) Kilometer gefunden, mit sehr variablen Höhenmetern. So blieb Zeit für Gelato-Stopps, und wir konnten uns am späten Nachmittag am Zielort noch etwas ausruhen und umherschlendern.
Die Einteilung erfolgte auch nach verfügbaren Unterkünften. Wir wollten B&Bs in kleinen Städten, um abends noch ein Restaurant zu finden. (In Frankreich habe ich erlebt, dass außerhalb der Saison auch in touristischen Regionen alles zu hat. Das wollten wir vermeiden.)
Schwerer fiel die Einschätzung der Straßenqualität von zuhause aus. Bundesstraßen (in Komoot orange gekennzeichnet) vermeide ich sowieso. „Darunter“ ist dann immer die Abwägung: Auf den gelben Straßen ist möglicherweise noch zu starker Verkehr. Auf den ganz kleinen, weißen Sträßchen ist vielleicht der Belag nicht gut genug.
Für Apulien hat sich unterwegs eine einfache Faustregel für die gelben Straßen ergeben: Wenn sie wie mit dem Lineal gezogen sind, wird dort ggf. gerast – diese Abschnitte haben wir gemieden. Hilfreich war auch, die Strecke vorab einmal unserem Radverleiher zu zeigen, der uns für die Gegend rund um Bari einige gute Tipps gab.
Für die Navigation unterwegs nehme ich einfach den Garmin samt Halterung mit.
Nach etwa einer Woche würde ich einen Tag ohne (viel) Radfahren einplanen. Das langsame Radeln war nicht wirklich anstrengend. Aber ich hätte nach der Zeit gut mal innehalten können, um die Eindrücke zu verarbeiten und mir eine der kleinen Städte näher anzuschauen.
Radverleih
Einen Radverleih zu finden war gar nicht so einfach. Der Mann stand in schriftlichem Kontakt mit zwei Anbietern. Unsere Wahl fiel schließlich auf Puglia in Movimento, die Specialized-Rennräder vermieten.
Deren kleinstes verfügbares Rad entsprach nicht ganz meinen Maßen. Ich war sehr positiv überrascht, dass der Verleiher anhand meiner Maße extra einen kürzeren Vorbau eingebaut hatte. Auf dem Specialized Allez saß ich sehr gut und ohneirgendeine Beschwerden. (Caro hatte hierzu mal den Tip, den eigenen Sattel mitzubringen, bei längeren Strecken ggf. schlau.)
Die Übergabe am Bahnhof von Bari funktionierte pünktlich und unkompliziert.
Taschen
Unsere Bikepacking-Taschen hatten wir mitgebracht. Ich nutze auf längeren Touren Saddlepack und Lenkerrolle, dazu – auf meinem eigenen Rad – eine Oberrohrtasche und manchmal auch eine Food Pouch. Bei einem geliehenen Rad bin ich mir nie sicher, wie breit ich die Lenkerrolle wickeln kann und ob das alles an den Rahmen passt.
Statt Oberrohrtasche und Food pouch hatte ich mich entschieden, einen kleinen Rucksack mitzunehmen, um mehr Stauraum zu haben. Dort kam alles rein, was ich schnell zur Hand haben oder wegpacken wollte: Regenjacke, Beinlinge, Papiere, die unterwegs erworbenen Panini und Getränke. Das hat sich als perfekte Kombi erwiesen, das Gewicht fühlte sich insgesamt sehr gut verteilt an.

Gepackt habe ich nach bewährter Packliste. Über zusätzliche warme Wandersocken war ich abens sehr froh. Vermisst habe ich ein zweites langes Unterhemd (ich hatte eines fürs Fahren eingepackt, es tatsächlich aber immer an den noch kühlen Abenden gebraucht) und eine zusätzliche „zivile“ Windjacke für abends (die Gore-Jacke macht auf der Flaniermeile eben doch nicht ganz „la bella figura“).
Straßenverhältnisse und Verkehr
Nachdem wir den Großraum Bari verlassen hatten, war es die meiste Zeit unserer Tour über überraschend einsam. Einzig die letzten fünf bis zehn Kilometer in die Städte hinein und hinaus waren entweder sehr stark befahren, oder wir bewegten uns auf Buckelpisten mit Müllrand. (Schöne Ausnahme in Gallipolli: Ein Radweg, der uns direkt hinter den Dünen südlich bis weit in die Stadt hinein führte.) Ansonsten hatten wir die allermeiste Zeit himmlische Ruhe auf dem Rad.
An Straßenbelag haben wir einen ziemlichen Mix vorgefunden. Auf der ersten Etappe zwischen Bari und Mesagne (nahe Brindisi) warenganz wir oft auf kleinen Nebenstraßen unterwegs, die teilweise sehr holprig über rissigen, ausgebesserten Asphalt führten. Ab Otranto gab es die gesamte Küste entlang bis Tarent viele sehr gute Abschnitte, manche frisch asphaltiert. Etwas wilder wurde es dann in den Piccole Dolomiti Lucano, der Route durch die Berge, mit teilweise krude gegossenem Straßenbelag.
Grundsätzlich ließ sich die gesamte Strecke mit Rennrädern (25 mm Reifen) gut befahren (bis auf etwa einen Kilometer verschlammten Feldweg). Manchmal wird man eben etwas durchgeschüttelt.
Die italienischen Autofahrer*innen haben wir als sehr rücksichtsvoll erlebt. An vielen Kreiseln wurde trotz Vorfahrt gewartet, bis wir vorbei gefahren waren. Auf einsamen Straßen kündigten sich Autos schon aus der Ferne mit einem kurzen Hupen an. Das deutsche Besserwisser-3-Sekundenhupen habe ich wahrlich nicht vermisst!
Wetter
In der Ebene lagen die Temperaturen zwischen 10 Grad in der Nacht und 18 Grad am Tag. Die Sonne machte den großen Unterschied: Bei schönem Wetter standen auch mal über 20 Grad auf dem Garmin (Notiz an mich: Sonnencreme auf den Ohren nicht vergessen!). Bei Regen sank die Temperatur schnell auf 12, 13 Grad. Und gegen 16 Uhr wurde es mit langsam sinkender Sonne merklich frischer. Die Abend waren noch etwas zu kühl, um draußen zu sitzen.
In den Bergen (bis 1.200 Meter ü. NN) gingen die Temperaturen nachts auf 5 Grad herunter. An einem windstillen, sonnigen Tag war es jedoch tagsüber genau so warm wie in der Ebene.
Spezial-Tipp von M.
Ich hab den Mann gefragt, welche Info er als teilenswert erachtet, und hier kommt es:
In den meisten Supermärkten oder kleinen Lebensmittelläden kann man sich an der Käse-Wursttheke ein Brötchen – Verzeihung, ein Panino! – nach Wunsch belegen lassen. Eine tolle Abwechslung zu den unendlichen Eiscreme und Dolci-Mengen am Wegesrand. Nirgendwo schmeckt der Provolone auf Tomate so gut wie am Strand mit ein paar Kilometern in den Beinen!
Unterkünfte
Wir haben von zu Hause aus über Internet vorgebucht. Zum einen, weil wir nicht wussten, wieviel in der Vorsaison offen haben würde; zum anderen, weil wir gern einfach unterwegs sind und uns über das jeweilige Tagesziel keine Gedanken machen. So müssen wir die jeweilige Etappe auch bei schlechtem Wetter (oder Sturm) fahren – aber das gibt auch etwas Würze, es ist halt keine Pauschalreise.
In den Städten entlang der Route (Mesagne, Otranto, Gallipolli, Tarent) fand sich im März schon jeweils eine kleine Auswahl an Möglichkeiten. Dünn wurde es am südlichen Ende, hier sind wir auch auf wenig geöffnete Supermärkte und Bars gestossen.
Für ein Doppelzimmer haben wir zwischen 60 und (einmal) 105 Euro gezahlt; teilweise geht es auch günstiger. Sehr unkompliziert: die Räder durften wir immer entweder mit aufs Zimmer nehmen oder konnten sie in der Garage unterstellen.
Besonders gefallen haben mir:
B&B Don Alfredo in Tarent: Sehr geräumige, schön eingerichtete Apartments an der Hafenseite der Altstadt mit tollem Blick aufs Wasser. Die Räder mussten über eine steile Treppe nach oben getragen werden.
B&B Eureka in Pietrapertosa: Unsere teuerste Auswahl, dafür hatten wir eine kleine Wohnung mit Bergblick samt Terrasse für uns. Frühe Ankunft lohnt sich.
B&B Palazzo Ietri in Bari: Wunderbar eingerichtete, ruhige Räume in einem Palazzo, gut gelegen zwischen der Altstadt und der Flaniermeile Fußgängerzone mit einer etwas grummeligen Gastgeberin. Für uns perfekt als kleine Feier der schönen Tour.
Gibt es sonst noch etwas, das man wissen müsste? Schreibt gern. Oder, noch besser: einfach ausprobieren. Viel Spaß in bella Italia!
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