Wo gerade schon alles zurechtlag für die 1.000er-Tour, wollte ich gern ein Packlisten-Update machen. Vor einiger Zeit habe ich mal eine Liste zusammengestellt, die immer noch zu den meistbesuchten Artikeln auf diesem Blog gehört. Diese Liste bezog sich auf das Radeln über Land mit Hotel-Übernachtung oder sonstigen Unterkünften. Hier nun geht es ums Unterwegssein im Brevet-Stil, sprich, Übernachten auf dem Rad mit kurzen Schlafpausen am Wegesrand.

Einiges an Ausrüstung bleibt natürlich gleich; die „zivilisierenden“ Elemente sind allerdings weitgehend weggefallen, was mich im Vergleich dann doch etwas erschreckt hat. Die dünne Decke des Anstands nützt sich allmählich ab.

Wer mag, kann sich das, was ich unten im Detail beschreibe und erkläre, auch als übersichtliche Packvorlage runterladen – auf einer Seite und nach Kategorien geordnet.

Meine grundlegende Frage ist immer die nach der benötigten Energie – in Form von Strom für Garmin und Beleuchtung, in Form von Wärmeerhaltung (Bekleidung und Schlafsachen), sowie in Kalorien. Wie lange werde ich unterwegs sein, bei welchen Temperaturen, wie belebt ist es da, welche Möglichkeiten habe ich zum Nachladen? Dazwischen suche nach einer guten Balance.

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Einige Überlegungen, die mir helfen, meine Packliste immer weiter zu verbessern bzw. für die jeweilige Tour zu optimieren:

  • Was hat funktioniert, was nicht?

Nach der Tour kurz notieren (oder ein paar Fotos machen), was gut war und was nicht. Sonst fällt es mir erst ein, wenn ich schon wieder unterwegs bin: Ach, das wollte ich ja eigentlich anders… Wenn ich irgendwo aufgeschrieben habe, dass ich mit 28.000 mAh gut durch zweieinhalb Juli-Nächte gekommen bin, muss ich das beim nächsten Mal nicht wieder neu herausfinden.

  •  Wie viele Schichten?

Die Wettervorhersage ist das eine; aber die Temperaturen in den Städten liegen immer etwas höher als außerhalb, in der Nacht fühlt sich die gleiche Temperatur kälter an, und je länger die Sonne weg ist, desto mehr Gelegenheit durchzufrieren. Ich war Mitte Juni nachts im Harz schon froh über lange Handschuhe und Mütze. Und es geht ja nicht nur darum, die Nacht irgendwie zu überstehen, sondern auch, sie zu genießen.

Zudem lohnt es sich, wirklich in Schichten zu denken: zwei Paar dünne Socken ergeben einmal dicke Socken, brauchen aber weniger Platz als ein Paar dicke und ein Paar dünne Socken.

  • Was kommt wo hin?

Rumsuchen unterwegs kostet Zeit, und über viele Kilometer addiert es sich. Was ich als nächstes brauche, muss am besten zugänglich sein. Für eine Sommernacht packe ich die Stirnlampe und Warnweste zuletzt in die Saddle Pack. Im kühlen Frühjahr kommen Windjacke und Beinlinge nach vorn, weil ich die früher oder zeitgleich mit der Stirnlampe brauche. Klingt trivial, ist es aber nicht, wenn ich z.B. auf den letzten Drücker doch noch drei Sachen in die Taschen stopfe, die mir dann zuerst entgegenfallen.

Immer ungefähr gleich zu packen hilft ebenfalls Suchzeiten zu verringern. Bei den Trikottaschen zum Beispiel bin ich Gewohnheitstier: links Geld und Papiere, in der Mitte Sonnen- und Sitzcreme, rechts was zu knabbern. So weiß ich unterwegs mit drei Handgriffen, dass alles da ist.

Ebenso trivial, aber eben auch nicht: Material vorher testen. Reicht das Ladekabel von der Powerbank bis zum Garmin (und funktioniert es)? Erst kürzlich habe ich an meinem Multitool den Schlüssel für die Schräubchen an den Bremsklötzchen vermisst. Blöd, wenn die Idee war, diese lässig unterwegs zu wechseln.

Und hier nun meine Verteilung auf Taschen, Rad, Mensch:

(Ich nenne ein paar Marken, also muss ich hier wohl „WERBUNG“ einfügen, auch wenn ich diese Dinge selbst käuflich erworben oder dem Mann abgeschmeichelt habe und keinerlei Vergünstigungen oder ähnliches von Herstellern oder Händlern genieße.)

In der Tasche am Lenker

Enthält alles für die Nacht, und da der Schlafsack so leicht ist, zum Ausgleich die aktuelle Auswahl an Powerbanks (Tasche: Apidura Handlebar pack dry, Volumen 9 Liter).

Handlebar

  • Schlafsack mit Komfort-Temperatur bei +2 Grad, 500 Gramm*
  • ggf. aufblasbare Isomatte von Exped (nicht im Bild, ich finde auch das Aufpumpen für 90 Minuten Schlafen eigentlich zu aufwendig.)
  • Plane zum Unterlegen
  • Zahnpasta und -bürste (ich nehme tatsächlich eine Kinderzahnbürste. Allerdings nicht wegen des Gewichts, sondern weil bei einer normalen der Stil so sperrig ist.)
  • Deo
  • Mückenspray
  • ein paar Pflaster, sterile Kompressen und Heftpflaster
  • Powerbanks nach Bedarf (Anker erscheint mir derzeit am langlebigsten)
  • Petzl-Stirnlampe (griffbereit am Rand)

* Über den Schlafsack bin ich besonders glücklich. Extrem kompakt zu verstauen, leicht, warm, ich schlafe darin (auch ohne Isomatte) sehr gut. Die Wärme ersetzt gefühlt die heiße Dusche, die mir nach einem langen Tag im Sattel ohne Hotel fehlt, das hilft beim Erholen.

Nur mit der Rettungsdecke ausgestattet lege ich mich außerdem meist früh am Abend oder erst am Morgen irgendwo hin, weil es mir sonst zu kalt ist. Im Schlafsack bin ich zeitlich unabhängig und kann schlafen, wie es zu meinem Rhythmus passt. Bei Fahrten in eine zweite Nacht hinein, bei denen das Hinlegen auch der Nackenmuskulatur mal ganz gut tut, kommt der Schlafsack künftig mit.

In der Tasche am Sattelrohr

In den Saddle Pack kommen Kleidung, Schläuche, Werkzeug und Verpflegung. Innen habe ich eine Mülltüte eingezogen, weil meine Variante nicht wasserdicht ist.

SaddlePack3

  • Windjacke
  • Warnweste
  • Beinlinge
  • Schlauchtuch
  • Langarmtrikot
  • langes Unterhemd
  • Hose zum Drüberziehen
  • ein Paar dünne Socken
  • Regenjacke
  • Neopren-Überschuhe
  • dünne Langfinger-Handschuhe
  • Mütze
  • ein paar Notriegel, belegte Stullen & Co.
  • wasserdichter Candy-B.-Sack, um leichtere Dinge obendrauf zu schnüren.

Im Saddle Pack habe ich außerdem je nach Streckenlänge zwei bis drei Schläuche (zwei herkömmliche, ein leichter Latex) und eine Tüte mit Werkzeug:

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  • Multitool Topeak Mini 20 Pro
  • Reifenheber
  • Luftpumpe
  • Flickzeug (schnell klebende Flicken)
  • Ersatzniete
  • Spanngurt
  • Kabelbinder
  • Gummis
  • Stückchen Stoff
  • kleines Stück Zahnseide
  • Einweghandschuhe (auch bei Regen oder Kälte als zusätzliche Schicht unter den Langfingerhandschuhen zu verwenden)

Aktuell fehlen noch Züge, weil ich sowieso keine Ahnung habe, wie ich die wechsle. Bei meiner letzten Liste wurde mir außerdem ans Herz gelegt, Kettenöl mitzunehmen, aber vor solch klebrigen Substanzen in meinen Taschen habe ich Respekt und hoffe, im rechten Moment schon ein Restaurant oder eine Garage zu finden, die mir aushilft.

Am Körper

In den Trikottaschen habe ich alles parat, was ich spontan brauchen könnte, wenn ich irgendwohin komme, wo es eine Kasse, eine Steckdose, eine Toilette oder einen Spiegel gibt – Tanke, Supermarkt, Bar, Fast-Food-„Restaurant“, usw.

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  • Radklamotten
  • Helm, Kappe, Radhandschuhe
  • Pulsgurt
  • Schuhe (nicht im Bild :-))
  • Trikottasche links: Geldbeutel mit Ausweis, Krankenversicherungskarte, EC-Card, Bahncard, M.s Kontaktdaten, Zettelchen mit Wegpunkten, Ventilschlüssel; Maske, Taschentücher
  • Trikottasche in der Mitte: Sonnencreme, Sitzcreme, Augentropfen wegen Allergie, Tütchen Salz, I-Phone-Stecker, Desinfektionstücher, Feuchttücher
  • Trikottasche rechts: Gummibärchen, Nüsse und Co.
  • Reißverschlusstasche: Schlüssel

Sonstwo am Rad

Etwas Kleinkram kommt in die Oberrohr-Tasche (Topeak Fuel Tank, Größe M). Sie schließt leider nicht mit dem Steuerrohr/Vorbau ab, wie es optisch schick wäre. Dafür passt eine 13.000 mAH-Powerbank (Anker PowerCore, etwa 8x10x2 cm) hinein, die den Garmin und das Telefon gleichzeitig mit Strom versorgt. Meine favorisierte Powerbank ist derzeit die Micro 5.000 von XLayer, mit 63x92x12 mm und 100 Gramm auf kürzeren Toren sehr praktisch, um das Telefon in der Trikottasche zu laden.

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  • Garmin
  • Radcomputer
  • Kleines Fahrradschloss: hier (links oben) das Hiplok Z-Lok mit Schlüssel (nur als Wegfahrsperre bei Supermarkt- oder MacDo-Besuch, bei letzterem suche ich mir immer einen Platz in Sichtweite. Ab einer gewissen Stadtgröße vermeide ich es, das Rad irgendwo allein draußen stehen zu lassen.)
  • zwei Bidons
  • zwei Rücklichter (leuchtet gefühlt ewig: Busch + Müller IXXI Akku-Rücklicht)
  • Supernova-Airstream, nicht im Bild

In der Oberrohrtasche:

  • Taschenmesser (habe ich gern griffbereit, z.B. für alkoholfreies Bier)
  • Kaugummi, Ibuprofen (für den Notfall – ansonsten bin ich dagegen, Schmerzen vom Fahren medikamentös zu begegnen. Entweder es ist erträglich, oder es ist mal Zeit für Pause.)
  • Ladekabel Supernova Airstream
  • zwei USB-Ladekabel (für den Garmin und alle anderen Lichter)
  • zwei Ladekabel fürs Telefon
  • die Powerbank, die gerade im Einsatz ist
  • Riegel, Kinderriegel oder was ich sonst gerade esse und reinpasst
  • Telefon

So sieht das bei mir aus – hier die Packliste als PDF zum Drucken und Abhaken. Was nehmt Ihr sonst noch mit? Was sind Eure Pack-Tricks?

Und für alle, die sich allgemein gern an kunstvoll arrangierten Reise-Packlisten-Inhalten erfreuen: bicycling.com hat vor kurzem ein schönes Projekt eines radbegeisterten Fotografen vorgestellt, der seine Reiseradler-Gäste mit all ihren Gagdets ablichtet – Vorsicht, Fernweh!